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Der "Schloßhof" in der Holtenauer Straße 162-170 wurde damals
oft für die Abhaltung von Versammlungen benutzt.
Am 6.11. schien Kiel nach wie vor isoliert zu bleiben und Noske
verwandte sein ganzes rednerisches Talent darauf, die Matrosen
zur Annahme seiner Vorschläge und zum Abbruch des Aufstands zu
bewegen (siehe unten Auszüge aus Noske, Von Kiel bis Kapp). Nach
intensiven Debatten stimmte jedoch niemand für Noskes Vorschläge.
Auch die sozialdemokratische Schleswig-Holsteinische Volkszeitung
vom 7. November 1918 urteilte: "Es kann natürlich keine Rede
davon sein, die Bewegung in dem Sinne abzubauen, dass etwas von
dem aufgegeben wird, was durch sie im gegenwärtigen Augenblick
politisch erreichbar ist."
Heutiger Stadtplan | Damaliger Stadtplan |
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Der "Schloßhof" überstand den Zweiten Weltkrieg relativ unbeschadet. Heute befindet sich hier das Metro-Kino. | Ein Stadtplan aus dem Jahr 1910 |
Heutige Ansicht | Damalige Ansicht |
Das Metro-Kino im Schlosshof 2011, Foto KK | Bildpostkarte vom "Schlosshof", aufgenommen von der Einmündung der Steinstraße, 1908 |
Weitere Erläuterungen zu den Vorgängen:
Gustav Noske schreibt in "Von Kiel bis Kapp" (S. 23 und 24):
"Als mittags die Vetrauensleute der verschiedenen Formationen sich im Saal der Station einfanden, um mit mir die Lage zu besprechen, ... ... musste der Versuch gemacht werden, sobald wie möglich wieder zu einem ordnungsmäßigen Zustand zurückzugelangen. Ich schilderte den Leuten die Sachlage, so wie sie mir erschien und besprach ... den entsetzlichen Zustand, in dem sich unser Volk ... befinde und leitete dann ... dazu über, unter welchen etwaigen Voraussetzungen der Kieler Meuterei, die ich persönlich aufs schärfste verurteilte, ein Ende zu machen sei. Daß politische Reformen, für die man sich erhoben habe, erfüllt würden, sei selbstverständlich. Über eine Amnestie werde die Regierung mit sich reden lassen.
Meine Darlegungen machten auf die Leute sichtlich tiefen Eindruck. Artelt, der dazwischen fahren wollte, erhielt von mir einen Dämpfer. Die Reichstagsabgeordneten Hoff und Dr. Struwe, ... haben mir später wiederholt versichert, daß sie niemals eindrucksvollere Darlegungen gehört hätten. Eine Diskussion ließ ich nicht zu, sondern riet den Leuten, mit ihren Kameraden das Gehörte durchzusprechen und dann die Schlußfolgerung in einer großen Vertrauensmännerversammlung zu ziehen, die gegen Abend stattfinden sollte.
In der Versammlung im Schloßhof am späten Nachmittag ... ... es waren an tausend Mann anwesend. ... Redner wurden mitten in ihren Ausführungen ... unterbrochen und [es] redete ein anderer ... drauf los. ... Nach ein paar Stunden bekam ein beträchtlicher Teil die Sache satt und ging davon. Schließlich wurde die Versammlung ohne Resultat geschlossen."
Bei Lothar Popp stellt sich das komplett anders dar (Interviews 1978):
Noske [und ich] waren beide gleichberechtigte Vorsitzende vom Obersten Soldatenrat. Da war dann eine riesige Matrosenversammlung, was weiß ich wie viel tausend, aber alles so zusammengelaufen. Da hat er [Noske] wörtlich gesagt:
Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, daß ich mit der Regierung in Verbindung stehe. Ihr habt einen Sieg errungen, einen großen Sieg. Kiel ist in eurer Hand. Ihr habt gesiegt. Aber Kiel ist ein isolierter Platz und was wollt ihr machen, ... das und das ... schwarz in schwarz gemalt. Und dann, die Regierung bietet an: Straffreie Rückkehr, Reformen und alle sone Mätzchen.
Dann habe ich gesagt, wir haben das Theater ja nicht gemacht - also Spaß gemacht - wir wollen, dass das ganze System verschwindet. Was die Regierung uns heute anbietet, ist in vierzehn Tagen noch genauso gültig, wenn wir es annehmen, wie heute. Aber in vierzehn Tagen wird sie nicht mehr da sein. ...
Und denn haben wir abgestimmt, da war nicht eine einzige Stimme für Noske.
Nun will ich aber noch was anderes sagen: Ihr seid hier, Ihr redet, was soll denn dabei rauskommen? Wir müssen doch eine Organisation haben. Wir müssen es machen, wie die Gewerkschaften. Ihr geht jetzt alle schön nach Hause. Die Versammlung werden wir schließen. Ihr geht schön nach Hause, und in Eurer Gruppe, Schiff oder Kaserne da wählt Ihr Vertrauensleute. Das hatte ich mir schon ausgerechnet, habe ich ihnen vorgeschlagen: Torpedoboot soviel, Schlachtschiff soviel, fünf und so. ... Dann haben wir eine Körperschaft. So wie es die Gewerkschaften haben. So hat das ja keinen Zweck. Keiner weiß ja, was der andere hinter sich hat. Das haben sie auf der Versammlung dann beschlossen. Die gingen nach Hause. Nach ein paar Stunden kamen sie wieder und dann haben sie den Großen Soldatenrat, und der Große Soldatenrat hat dann den Obersten Soldatenrat gewählt.
Und der größte Witz war der, dass Noske in seiner Rede gesagt hat, die Bayern denken doch gar nicht daran, den König wegzujagen. Dabei haben sie ihn fast im selben Moment weggejagt.
Anmerkung: Gustav Noske gesteht eine Seite weiter zu: "Regelrechte Wahlen hatten im Laufe des Tages bei einer ganzen Anzahl von Formationen stattgefunden."
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Last modified: 25.07. 2017
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