Zur besseren Übersicht über die verschiedenen Zeitzeugenaussagen auf dieser Webseite finden Sie hier eine Tabelle mit kurzen Hinweisen zu den einzelnen Zeitzeugen und eine Gliederung nach der jeweiligen sozialen Gruppe (Mannschaft, mittlere Ebene, Offizier, Arbeiter, etc.) Außerdem werden nach und nach alle uns vorliegenden Berichte in dieses Dokument aufgenommen: (PDF 900 kB) >>
Interviews von K. Kuhl mit Martha Riedl, 1990 und 1991 | ||
Jahrgang 1903 |
In den Jahren um 1918
Mitglied der Arbeiterjugend. Von 1946 bis 1948 Mitglied der Kieler Ratsversammlung für die SPD |
Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 200 kB) >> |
Interviews von K. Kuhl mit Julius Bredenbeck, 1983 und 1989 | ||
Jahrgang 1907 |
In den Jahren um 1918 Mitglied der Arbeiterjugend. Später bekannter Gewerkschafter und Sozialdemokrat, persönlicher Referent von Lauritz Lauritzen, der u.a. verschiedene Ministerposten bekleidete. |
Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 200 kB) >> |
Interview von K. Kuhl mit Otto Preßler, 1979 | ||
Jahrgang 1895 |
Gehörte im Dez. 1918 zu den ersten
Mitgliedern der KPD in Kiel. Nach 1945 Vorsitzender der IG Metall in Kiel und Mitglied im schleswig-holsteinischen Landtag |
Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 300 kB) >> |
Interviews von K. Kuhl mit Jonny Pump, 1978 und 1987 | ||
Jahrgang 1900 |
Deutsch-national, sollte als Rekrut gegen
den Matrosenaufstand eingesetzt werden. War 1920 bei den Zeitfreiwilligen. Führte später einen Elektroladen |
Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 180 kB) >> |
Tagebuch eines Ingenieurs der Germania-Werft | ||
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Das Tagebuch wurde von Karl Altewolf auf einem Flohmarkt entdeckt. Die Eltern des Schreibers lebten damals in Rinkenis (Rinkenæs, heute Dänemark), welches 1918 zum Deutschen Reich gehörte. Der Tagebuchschreiber war Beamter des "Bureaus M.K. der Fried. Krupp A.-G., Germaniawerft" und war dort hauptsächlich mit dem Ändern technischer Zeichnungen befasst. Es handelt sich um Nicolaus oder Nikolaus Andersen. Das Buch wurde 2011 vollständig aus dem Sütterlin übertragen. |
Auszug: |
Erinnerungen von Reinhold Jung, 1968 | ||
Aufn 1982/83 Jahrgang 1904 |
Kam im Okt. 1918 nach Kiel, wurde bald Mitglied der Arbeiterjugend. Onkel von Karl-Heinz Köpke, (norddt. DGB Funktionär) der zusammen mit seiner Cousine, einer Tochter R. Jungs, das Material zur Verfügung stellte. | Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 100 kB) >> |
Interviews geführt von Karl-Reinhard Titzek und Tilmann Weiherich, 1975 | ||
Aufn 1978 Jahrgang 1896 |
Interview mit Gertrud Völcker und Auszüge aus ihrem Tagebuch Damals Angestellte im Arbeiter-Sekretariat der Freien Gewerkschaften in Kiel. Mitglied der Arbeiterjugend seit 1915. Später Vorsitzende der AWO in Schleswig-Holstein. |
Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 40 kB) >> |
Aufn KN 1974 Jahrgang 1884 |
Interview mit Kapitänleutnant Max Wittmer Geboren in Kiel, Torpedobootskommandant, im ersten Weltkrieg Lehrer an der Ingenieur und Deckoffizierschule in Kiel-Wik, später Handelsagent |
Auszug: Vollständiges Dokument mit Analyse und Bewertung (pdf, 50 kB) >> |
Jahrgang 1890 | Interview mit Louis Streichert Diente im ersten Weltkrieg auf SMS "Straßburg"
vermtl. als Unter- oder Deckoffizier |
Auszug: Vollständiges Interview und Broschüre des I. Offiziers (PDF, 9 MB) >> |
Kühler Jhrg. 1901 Ingwersen Jhrg. 1892 Pförtner Jhrg. 1914 |
Interviews mit Hans Kühler, Frau Ingwersen und dem Pförtner des Stadttheaters |
Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 20 kB) >> |
Briefe und Tagebücher aus dem Kieler Stadtarchiv | ||
Brief von Erh. Müller an Dora | Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 180 kB) >> |
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Auszug aus dem Tagebuch einer 18-jährigen Kielerin | Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 20 kB) >> |
|
Interviews auf www.vimu.info | ||
Jahrgang 1900 |
Ernst Busch: Interviews und Tagebucheintrag Mitglied der Arbeiterjugend in Kiel seit 1916. Später Karriere als Schauspieler und Sänger. |
Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 120 kB) >> |
Jahrgang ca. 1899/1900 |
Berichte von Wilhelm Kleineweber Angehöriger der 1. Torpedodivision |
Auszug: Vollständiges Dokument (pdf, 100 kB) >> |
Weitere Berichte (in der Literatur, Manuskripte, etc.) | ||
Jahrgang ca. 1876 ? | Emil Alboldt: "Die Tragödie der alten deutschen Marine - Amtliches Gutachten erstattet vor dem Untersuchungs-ausschuß des Deutschen Reichstags", Dt. Verlagsges., Berlin 1928 |
Alboldt (Vorsitzender des
Deckoffizierbundes) beschreibt an zwei Stellen in dem genannten
Buch die Vorgänge in Kiel. In der Einleitung erläutert
er die Aufstellung der Eisernen Brigade, um Berlin und dem
Reich eine "unbedingt zuverlässige und kampfkräftige
Truppe zur Verfügung zu stellen." "... trotz
heftigsten Widerstands der Führer des Obersten Soldenrates
in Kiel". Ab S. 152 beschreibt er die Vorgänge in Kiel ab dem 3.11.1918: "... Besatzungen ... schlossen sich dem zunächst gar nicht so großen Versammlungszuge mehr und mehr an. Fahnen und dergleichen waren im Zuge, der übrigens vollkommen unbewaffnet war, nicht zu sehen als ich ihn vorüberziehen sah in der Richtung nach der Arrestanstalt." Etwas weiter unten heißt es: " ... hatte sich .... den ganzen Nachmittag kein einziger Seeoffizier auf der Straße sehen lassen. ... Patrouillen ... standen ausschließlich unter dem Kommando von Deckoffizieren und Portepeeunteroffizieren. Nur am Eingang der Straße zur Arrestanstalt kommandierte ein Offizier - ein junger Leutnant vom Seebatallion, der, als der Zug nicht Abstand davon nehmen wollte, zur Arrestanstalt weiter zu ziehen, feuern ließ." |
Jahrgang ca. 1880 ? |
Paul Kässner: "Zur Geschichte der Deckoffizierbewegung, des Deckoffizierbundes und des Bundes der Deckoffiziere." Selbstverlag des Verfassers, Altona, Stresemannstr. 175. Altona 1932. |
Kässner schildert einige
in der Geschichtsschreibung bisher nur wenig berücksichtigte
Aspekte: Bildung der Sicherheitstruppe des Soldatenrats, Aufbau
der Eisernen Brigade/Division, die Februarunruhen 1919 in
Kiel, die Ernennung von Volksoffizieren. Auszug bzgl. des Aufbaus der Eisernen Division: "In der Versammlung wurde natürlich auch die Führerfrage besprochen. Selbstverständlich war von der Regierung von vornherein zugestanden worden, daß diese Truppe selbst ihre Führer und ihr inneres Leben bestimmen könne. Aus der Versammlung heraus wurde allgemein zum Ausdruck gebracht: Wir wollen nicht daran denken, wie wir früher behandelt worden sind und deshalb sollen ruhig Offiziere alle oberen Stellen in der Truppe besetzen; aber es müssen Offiziere sein, die unser Vertrauen besitzen und die auch etwas vom Landkrieg verstehen. In diesem Sinne ließ Kamerad Alboldt noch am selben Abend die verschiedenen Offiziersgruppen und im besonderen die Seeoffiziere informieren und ihnen sagen, daß die Formation der Truppe am andern Vormittag in der Waldwiese erfolgen werde. Es mag hier gleich erwähnt werden, daß sich außer Kapitänleutnat v. Werner kein einziger Offizier dort einfand." Analyse und Edition (PDF) >> |
Jahrgang 1867 |
Martin Niemöller: "Vom U=Boot zur Kanzel", Warneck, Berlin 1930 |
Niemöller beschreibt
in diesem Buch in einem kurzen Kapitel, wie er als U-Boot
Kommandant mit der UC 67 und weiteren Booten von Pola (Stützpunkt
in der Adria) kommend am 29.11.1918 in Kiel einläuft.
Der Verband fuhr unter Kriegsflagge in Kiel ein. Noske,
der ihnen im Stationsmotorboot entgegenkam, wurde ignoriert.
Niemöller schreibt: "In den folgenden Tagen branden
die Wellen der Revolutionspsychose gegen uns an: es müssen
auf jedem Boot Vertrauensleute zum Soldatenrat gewählt
werden." Dabei wurden nach seiner Einschätzung
"die minderwertigsten Leute oder die lautesten Schreier"
gewählt. Die meisten Besatzungsmitglieder wurden dann
sehr schnell nach Hause auf Urlaub geschickt. Informationen über M. Niemöller z.B. auf Wikipedia >>
|
Jahrgang ca. 1913 ? | Dorotheé Domabyl: "Revolution in Kiel", aus: Willy Diercks (Herausgeber) „Kindheit und Jugend in Schleswig-Holstein 1900-1950 – op Platt vertellt“, Verlagsanstalt Boyens, Heide, 1991, S. 174-175 | Frau Domabyl beschreibt wie sie als kleines Mädchen schwere Kämpfe im Gebiet zwischen Bergstraße, Fährstraße (heutige Legienstraße) und Fleethörn vermutlich zwischen Revolutionären und Marineoffizieren miterlebt hat. "Lange hat das aber nicht gedauert, dann kamen sie auch in unseren Hof. Da haben sich die Mariner versteckt, in den Häusern, in den Kellern, auf den Dächern hinter den Schornsteinen. Mit einem Mal ging die Tür auf und ein Decksoffizier sagt zu meiner Mutter: 'Beste Frau verstecken Sie mich' Sie hat ihn dann auf den Boden gebracht. Da ist er bis in die Nacht geblieben. (Übersetzung aus dem Plattdeutschen von KK)". Beschreibung der Kämpfe am 5.11.1918 siehe unter "Timeline" >> |
Jahrgang 1893 | Hermann Knüfken: "Von Kiel bis Leningrad - Erinnerungen eines revolutionären Matrosen 1917 bis 1930", Herausgeber Andreas Hansen zusammen mit D. Nelles, BasisDruck, Berlin 2008 |
Den Kieler Matrosenaufstand erlebt Knüfken in der Arrestanstalt in der Feldstraße, wo er wegen zweimaliger Desertion und des Vorwurfs der geheimdienstlichen Tätigkeit einsaß. Er wird zusammen mit den aufständischen Matrosen befreit und beschreibt auf knapp zwei Seiten die Ereignisse. Sein Bericht widerspricht aber anderen zeitnahnen Aussagen siehe >>. Er hält sich hauptsächlich im Stationsgebäude, als Angehöriger eines Soldatenrats auf. Er nahm offenbar teil an Sicherungsmaßnahmen auf dem Bahnhof. Am 5.11. fährt er nach Brunsbüttel, um dort den Aufstand im II. Geschwader mit zu organisieren. In der Morgenausgabe der Kieler Zeitung
vom 8.11.1918 heißt es: |
Jahrgang 1868 |
Gustav Noske: "Von Kiel bis Kapp", Verlag für Politik und Wirtschaft, Berlin W. 35, 1920 | "Als mittags die Vetrauensleute
der verschiedenen Formationen sich im Saal der Station einfanden,
um mit mir die Lage zu besprechen, ... ... musste der Versuch
gemacht werden, sobald wie möglich wieder zu einem
ordnungsmäßigen Zustand zurückzugelangen.
Ich schilderte den Leuten die Sachlage, so wie sie mir erschien
und besprach ... den entsetzlichen Zustand, in dem sich
unser Volk ... befinde und leitete dann ... dazu über,
unter welchen etwaigen Voraussetzungen der Kieler Meuterei,
die ich persönlich aufs schärfste verurteilte,
ein Ende zu machen sei. Daß politische Reformen, für
die man sich erhoben habe, erfüllt würden, sei
selbstverständlich. Über eine Amnestie werde die
Regierung mit sich reden lassen. Popp schreibt jedoch in seinem (unter Mitarbeit von Artelt) im Dez. 1918 erschienen Buch: „ … gab Abgeordneter Noske die Bedingungen der Regierung bekannt. … Noske gab zu bedenken, dass die Bewegung zwar in Kiel gesiegt habe, dass aber, da sie isoliert sei, ihr doch große Gefahren drohen, … Der Vorsitzende des Arbeiterrats Garbe und ich führten aus, dass wir doch noch Zeit haben zu warten … Nicht die Regierung hat Bedingungen zu stellen, sondern wir. Es wurde dann einstimmig beschlossen, das Angebot abzulehnen. Es wurde dann der Antrag gestellt, da anscheinend Haase oder Dr. Cohn verhindert würden, nach hier zu kommen, einen anderen Vertreter der Unabhängigen an die Seite Noskes zu stellen, um die Parität zu wahren. Dem wurde zugestimmt und die Wahl vollzogen.“ |
Jahrgang ???? | Karl Edler, Mitglied des Arbeiterrats in Kiel und später Stadtrat der SPD, erstattete am 26.11.1918 in Berlin auf einer Sitzung des Vollzugsrats einen Bericht über die Vorgänge in Kiel. |
Besonders interessant ist ein Abschnitt
über die Ernährungsprobleme: |
Jahrgang 1898 |
Frederik Matzen aus Gråsten/Gravenstein (vor dem ersten Weltkrieg zu Deutschland gehörig), berichtet in zwei Artikeln des Jahrbuchs dänisch gesinnter ehemaliger Kriegsteilnehmer (DSK) über seine Erlebnisse während des Matrosenaufstands in Kiel. Die Berichte wurden 1963 bzw. 1967 als „Ein 45 Jahr Mahnmal“ und „Verurteilt vom Soldatenrat der SMS 'Mars' […]“ abgedruckt. Matzen fuhr später als Kapitän bei der dänischen Reederei J. Lauritzen. Im 2. Weltkrieg führte er verschiedene Schiffe in alliierten Geleitzügen. | Er befand sich zur damaligen Zeit an Bord
der „SMS Mars“, ein Ausbildungsschiff für
U-Boot Mannschaften, das in Kiel-Wik lag. Er beschrieb die
Vorzeichen, die im letzten Kriegsjahr unübersehbar wurden:
Auf Durchhalteveranstaltungen weigerten sich die Mannschaften,
die üblichen Hurras auf den Kaiser auszubringen und die
Offiziere sanken „als kleinlaute Herde“ auf ihre
Stühle zurück. Während die Mannschaften mit
einem ¾ Liter Wassersuppe auskommen mussten, erhielt
der Hund eines Offiziers einen fast vollen Eimer derselben
Suppe. Am 4.11. wurden die Mannschaften im Eilmarsch nach
Kiel geführt, um die Rebellion niederzuschlagen. Der
Marsch endete auf dem Kasernenplatz der Matrosendivision.
Nach langem Warten gaben die Offiziere die Kapitulation bekannt
und setzen sich schnellstens ab. Als erstes wurden daraufhin
die Lager geplündert. Matzen schildert weiter, wie das
Setzen der roten Fahne auf der "Mars" und die Vertreibung
der Offiziere von Bord durch einen Zerstörer erzwungen
wurden, dessen Besatzung mit einem Torpedo in den Maschinenraum
drohte. Im zweiten Artikel beschreibt er, wie er das Schiff verließ und nach Gravenstein zurückkehrte, weil er dem überhandnehmenden Trinken und dem Lärm entkommen wollte. Da man aber Jüngere noch nicht entlassen wollte, wurde das als Fahnenflucht ausgelegt. Er stellte sich selbst und wurde vom Soldatenrat der „Mars“ zu 7 Tagen Haft in der Arrestanstalt in der Feldstraße verurteilt. Als Ankläger fungierte ein Feldwebel, der Mitglied im Soldatenrat war und mit dem Matzen sich früher schon einmal angelegt hatte. Nach Intervention eines Kameraden wurde seine Strafe auf 5 Tage verkürzt und er durfte sie bei winterlicher Kälte in den Ballasttanks der „Mars“ absitzen. Danach wollte er dem weiteren Leben an Bord der „Mars“ entgehen, indem er sich freiwillig für die Überführung der Kriegsschiffe nach Scapa Flow meldete. Doch das wurde nicht angenommen, aber ein weiteres Gesuch zum Minenräumen in der Ostsee war erfolgreich und er wurde nach Stettin entlassen, um an Bord eines Minenräumschiffes zu gehen. Vollständige Artikel in Deutsch und Dänisch (900 kB, pdf) >> |
Jahrgang 1892 |
Alfred Schwabe war U-Boot Fahrer und wurde im September 1918 von Cattaro nach Kiel abkommandiert, um an einem Lehrgang in den Zeiss-Werkstätten teilzunehmen. Er war auf dem Wohnschiff SMS "Mars" untergebracht. Er berichtet in einem achtseitigen Manuskript, das er vermutlich in den 1950/60er Jahren erstellt hat, über seine Erlebnisse während des Kieler Matrosenaufstands. |
Als ich mit Matrosen der grossen Schlachtschiffe, der Kreuzer und der immer in See stehenden Torpedoboote bekannt wurde, spürte ich dass dort ein anderer Wind wehte, als auf unserem U-Boot. Bei uns war des ganze Boot auf jeden Einzelnen angewiesen, von Offiziersdrill war nichts zu spüren. Aber des furchtbare Völkermorden hatten wir trotzdem satt, die Sehnsucht nach Frieden war vorherrschend. Als ich auf Urlaub kam, kannte ich meine Eltern kaum noch, so abgemagert und verbissen waren sie, und wir versenkten im Mittelmeer Schiffe und wieder Schiffe, gefüllt mit Lebensmitteln aus Amerika. ... Am Morgen ... erhielt unser Lehrgang, es waren gegen 40 Maate und 10 Obermatrosen, Pistolen und Munition ausgehändigt. Wir marschierten nach der Werftdivision Kiel - Wik. ... Wir marschierten diagonal über den Exerzierplatz. An der rechten Ecke am Hafen standen 150 - 200 Matrosen bei einer Versammlung. Wir wurden in die Turnhalle geführt. Ein junger Leutnant hatte das Kommando und hielt eine Ansprache. Heldentum und Treue zu den Offizieren, Kampf gegen die Meuterer war der Inhalt. ... Minuten war es kirchenstill. Plötzlich ein Gebrüll von weit her, aber es kam näher und näher. "Achtung, Ächtung! Pistolen laden und sichern!“ Im Flüsterton bei den Obermatrosen: "wir schiessen nicht, wir schiessen nicht“. Gegenzug rechts! Marsch! Zur Turnhalle hinaus!“ Wir Obermatrosen waren am Schluss des Zuges und somit den anstürmenden teils bewaffneten Matrosen am nächsten. Es waren die, welche die Versammlung auf dem Exerzierplatz durchführten. Etwa 10 mtr vor der Menge liefen 2 Matrosen und riefen uns zu: "Kameraden werft die Waffen weg oder kommt mit den Waffen zu uns, schiesst nicht auf Eure Kameraden. Nieder mit dem Krieg! Nieder mit den Kriegsphantasten!“ Achtung! Achtung! Feuer, brüllte unser Leutnant. Eine Anzahl Schüsse fielen, aber ich habe nicht gesehen, dass einer getroffen war. Ich war nicht einen Moment unschlüssig; schon zogen wir die anderen zu uns herüber bezw. hinüber. „Los rüber, Schiet op den Krieg! Ein Teil der Maate schloss sich an. Es fielen wieder Schüsse von unserem linken Flügel der Maate oder dem Leutnant; denn 2 übergelaufene Maate waren getroffen und wurden fortgetragen. Der Leutnant war aber plötzlich spurlos von der Bildfläche verschwunden und hat nie wieder in Kiel unseren Bug gekreuzt. Wir, der verstärkte Haufen, rannten nun in die Kasernenblocks, riefen den Matrosen unsere Parolen zu und forderten sie auf, uns zu folgen. Viele schlössen sich an, ein Teil verhielt sich passiv. Offiziere waren eigentlich wenig da und die anwesenden wurden teils mit Güte, teils mit Gewalt, abgetakelt, d. h. die Epauletten und die Konkarden abgemacht. Und so ging es etwa 15 Häuserblocks durch, der Haufen wurde immer grösser und grösser. Leider waren aber auch schon die Räuber am Werk; denn aus den Kleiderkammern und Magazinen stürzten gefüllte Seesäcke aus den oberen Etagen und wurden fortgeschleppt. Aber das liess uns z.Z. kalt. Wir stürmten weiter. Nachdem alle Kasernenbauten abgekämmt waren, eilten wir an die Hafenmole. Zwei Torpedoboote wurden durch Schüsse und Zurufe aufgefordert die rote Flagge zu hissen. Es waren die ersten Schiffe, welche in Kiel die rote Flagge am Mast hochzogen. Leider sind mir die Nummern entfallen. Viele Boote folgten; Pinassen fuhren mit roter Heckflagge zu den dicken Kasten und forderten sie auf sich uns anzuschliessen. Starkbesetzte Boote brachten immer mehr revolutionäre Truppen an Land. Mein Wohnschiff, der älteste Kasten der Marine SMS "Mars“ (Bordwände aus Holz) hatte 1866 gegen die Dänen mitgekämpft, setzte sich lange zur Wehr. 2 rote Matrosen mit weisser Parlamentärflagge wurden zum Verhandeln an Bord geschickt und erreichten, dass doch eindrucksvoll die Kriegsflagge gestrichen wurde und die rote Flagge am Mast hochging. Ein grosser Teil der Matrosen zog durch die Strassen von Kiel und es erfolgte eine systematische Entwaffnung der Offiziere. Das Abtackeln war manchen Matrosen eine wahre Wollust, konnten sie sich doch für Drill und Erniedrigungen rächen. Vollständiger Artikel (pdf, 80 kB) >> |
Jahrgang 1896 |
Karl/Carl Bock: kam aus Berlin und diente während des Ersten Weltkriegs als Torpedoheizer auf SMS MARKGRAF. In einem Brief an seine Schwester vom November 1918 und in einem ergänzenden Bericht beschreibt er die Ereignisse. Die Dokumente liegen im Berliner Landesarchiv und im Deutschen Historischen Museum. |
Es war einstimmig beschlossen worden, keinen
Vorstoß zu machen, das hatten wir durchgesetzt. Am anderen Mittag fuhren wir nach Kiel. Auf der Fahrt hatten wir die vollen Beweise, daß doch etwas geplant war. So liegen wir jetzt im Kieler Hafen. Übrigens kam eine Verfügung vom Flottenchef, die besagte, daß unsere Beunruhigung jeder Grundlage entbehre. Heute haben sie in aller Heimlichkeit mindestens 60 Mann wie die schwersten Verbrecher an Land gebracht, so daß wir es leider zu spät erfuhren, schon jetzt in Untersuchung. Zu uns sagten die Offiziere, abkommandiert nach den Außenforts, wegen zu lange an Bord. Das wird wohl nicht so vorüber gehen, die Sache kommt sicher vor den Reichstag. Man kann hier allerhand erwarten. Also wundere Dich nicht, wenn mir etwas gleichartiges passiert. Jedenfalls kämpfen wir für den Frieden, für unser Leben, und wollen keinen Heldentod. Solche Vorgänge hat die Flotte noch nicht gesehen. Vollständiges Dokument: >> |
Jahrgang 1887 | Fritz Fabian kam aus Oberschlesien und diente während des Ersten Weltkriegs als Unteroffizier auf SMS KRONPRINZ WILHELM. In seinen Revolutionserinnerungen, geschrieben vermutlich in den 1920er Jahren beschreibt er die Ereignisse von Ende 1918 bis etwa 1920. Das Dokument wurde von einem Nachfahren in EUROPEANA eingestellt und für unsere Webseite transkibiert und kommentiert. |
Der Schreiber hatte ein konservatives und
nationalistisches Werteverständnis. Viele der berichteten
Details halten einer Überprüfung nicht stand. Fabian versuchte
– auch wenn er ihnen (eher indirekt) mangelndes Durchgreifen
vorwarf ein positives Bild der Seeoffiziere zu zeichnen. In
einer mehr nebensächlichen Anmerkung kommt jedoch ganz grundsätzliche
Kritik zum Vorschein: „Bei dieser Gelegenheit [Überführung
des III. Geschwaders nach Kiel ohne dass die Offiziere sich
an der Schiffsführung beteiligen durften] mag wohl manchem
jungen Offizier die Erkenntnis gekommen sein, daß es nicht
allein nur tüchtige Offiziere, sondern auch hervorragend tüchtige
U.O. gab, deren Tüchtigkeit und Fähigkeit aber nie in gerechter
Weise eingeschätzt wurden. […] Wäre dieser Dünkel nicht vorhanden
gewesen und wäre die Selbstüberhebung der jüngeren Offiziere
nicht systematisch genährt worden, ich glaube, das Seeoffizierkorps
und überhaupt die ganze Marine hätte sich vielleicht besser
dabei gestanden. Ich erwähne das nur so nebenher.“
Vollständiges Dokument: >> |
Jahrgang 1889 |
Carl Richard Linke, Obermatrose auf SMS Helgoland, führte Tagebücher, von denen eine von Linke selbst verfasste Maschinen-Abschrift erhalten geblieben ist. |
Linke wurde im Rahmen der Marineunruhen im Sommer 1917 zu einer Zuchthausstrafe verurteilt, die er zunächst in Celle dann in Rendsburg absitzen musste. Am 6. Nov. 1918 wurde er von Matrosen aus Kiel befreit. Er berichtet, wie er mit seinen Befreiern nach Kiel fuhr und dort auch kurz auf Noske traf: "Es war bereits finster, als wir in Kiel ankamen. Der Bahnhof war menschenleer, nur einige Matrosen standen an Maschinengewehren, die die Bahnsteige flankierten. Meine Befreier wollten mich ihren neuen Gouverneur und Ziviladmiral, den Reichstagsabgeordneten Noske vorstellen, deshalb marschierten wir durch die zwar finsteren, aber mit Menschen gefüllten Strassen Kiels nach einem Gebäude, ob Gewerkschaftshaus oder Gouvernementgebäude konnte ich in der Dunkelheit nicht erkennen, in dem ein Rasseln und Klappern von Gewehren, Schreibmaschinen und Kaffeegeschirr uns empfing. Der Gouverneur hatte leider wenig Zeit und konnte sich uns nicht wittmen, er wandte sich nur kurz an den Truppführer, indem er ihm mitteilte, dass er sich von jetzt ab diese eigenmächtigen Gefangenenbefreiungen ein und für allemal verbitte. Unsere Befreier waren von dieser Begrüssung sichtlich enttäuscht, und betrachteten uns verlegen von der Seite. Auf dem Wege nach einer uns als Uebernachtungsraum zugewiesenen Kegelbahn bemerkten sie, dass sie mit einer anderen Begrüssungsform gerechnet hätten, aber wir möchten es nur nicht übel nehmen, da sie doch nichts dafür könnten. Noske sei durch die viele Arbeit scheinbar etwas nervös, denn er kam nach hierher, in der Annahme, einen kleinen Schiffskrawall schlichten zu müssen, und traf eine komplette Republik an." Ausführlicher Auszug >> |
Jahrgang 1898 |
Fritz Fischer, Obermatrose auf Torpedobooten und Zerstörern, degradiert zum Matrosen, im Okt. 1918 stationiert bei der I. Torpedo-Divison Kiel-Wik. Wurde dort mit Karl Artelt in den ersten Soldatenrat gewählt. Später bekannter Intendant; verfasste 1970 seine unveröff. Memoiren. |
In seinen (unveröffentlichten) Memoiren widmete Fischer mehrere Seiten seiner Zeit in der Kaiserlichen Marine und seiner Rolle beim Kieler Matrosenaufstand. Er war einige Male widersetzlich und erhielt deshalb Strafen und wurde degradiert. Er wurde zusammen mit Karl Artelt in den ersten Soldatenrat in der Wik gewählt und gehörte auch der Delegation an, die vom Gouverneur Souchon ins Stationsgebäude gebeten wurde. Fischer nahm auch an den folgenden zwei Verhandlungen (an der dritten waren auch Noske und Haußmann dabei) am selben Tag teil. Kommentierter Auszug aus seinen Memoiren >> |
Zeitzeugenberichte
aus dem Nachlass Dirk Dähnhardts (in Bearbeitung) |
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Übersicht des vorhandenen Materials, das nach und nach veröffentlicht wird.Interviews und Gespräche: Lothar Popp (bereits veröffentlicht >>), Otto Preßler, Jonny Pump, Gertrud Völcker, Max Wittmer, Wilhelm Kleineweber, Karl Jonas (siehe unten), Ernst Wilske, Hans Schulz, Heinrich Dibbern, Walter Fiegert, Walter Mund, (Heinrich Bohnsack). Manuskripte: Walter Mund (Infanterieoffizier, teilweise veröffentlicht in Dähnhardt, Revolution in Kiel), Karl von Kunowski (Fähnrich und Wachoffizier auf der Markgraf) Berichte in Literatur, Presse: Karl Jonas - Eckernförder Zeitung, Serie (unvollständig) 1968 sowie Flensburger Tageblatt, Artikel 1978 (siehe unten); Karl von Kunowski, Fähnrich auf der Markgraf, - Kieler Nachrichten 1978; Martha Riedl, - Kieler Nachrichten 1978, Erhard Tewes - Kieler Rundschau, 15.4.1982. |
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Jahrgang 1898 |
Karl Jonas war Marineangehöriger und berichtete in der Eckernförder Zeitung (1968) sowie im Flensburger Tageblatt (1978) u.a. von den Ereignissen in der Karlstraße |
Beim Einbiegen in die Karlstraße sahen wir plötzlich eine geschlossene Polizeikette in etwa 35 Meter vor uns stehen. Weil ich in der ersten Reihe der Demonstranten stand, konnte ich alles genau sehen und auch alle Befehle der anderen Seite hören. ... Einer der Polizisten forderte uns auf, stehenzubleiben. Ich wäre gerne stehen geblieben, aber hinter uns drückte die dichtgedrängte Menschenmasse wie eine Dampfwalze langsam nach vorne. Ganz plötzlich rannten alle Polizisten in die Nebenstraße. Erst jetzt sah ich einen Trupp junger Matrosen in Linie von Hauswand zur anderen Hauswand stehen, in einer Entfernung von etwa 35 bis 40 Metern. Sie waren nur mit Pistolen bewaffnet. Vor ihnen stand ein junger Offizier. Wir wurden weiter vorwärts gedrängt. Da rief der Offizier mit lauter Stimme: „Halt, nicht weitergehen!" Sofort danach fiel aus der zweiten Reihe unseres Demonstrationszuges links hinter mir, ein Gewehrschuß. Ein Zivilist, der aus der Waldwiese ein Gewehr und Munition mitgenommen hatte, traf mit diesem Schuß einen jungen Matrosen der Truppe, der am linken Flügel stand. Mit einem kurzen Aufschrei fiel der Soldat dicht an der Hauswand nach vorne hin. Anm. KK: Jonas widerspricht mit dieser und seiner weiteren Darstellung zentralen Aussagen zeitgenössischer Berichte und Dokumente. Vollständiges Dokument (pdf, 100 kB) >> |
Jahrgang 1897 |
Karl von Kunowski war Fähnrich und Wachoffizier auf der Markgraf. Er schrieb seine Erlebnisse vermutlich noch 1918 auf. Ein kurzes Statement von ihm wurde in den Kieler Nachrichten am 3.11.1988 veröffentlicht. |
Freitag,8. Nov.1918: Morgenwache gegangen,
aber nichts veranlaßt, die Routine wird noch eingehalten.
Leute fragen WO, machen aber auch alles mögliche selbständig.
Am Nachmittag gegen 4 Uhr wurde gepfiffen, alle Mann achter
raus, auch Offiziere. ... Ein Maschinistenmaat sprach über
den Soldaten- und Arbeiterrat, der sich über die ganze deutsche
Küste erstrecken und die sogen. Radikalen d.h. geläuterten
Sozialisten umfassen soll. Der Soldatenrat verfolgt zwei
Ziele: 1. Die Abschaffung des preußischen Militarismus,
2. Die beschleunigte Einleitung von Friedensverhandlungen.
Die jetzige Regierung könnte dieses nicht, sie ist bestochen.
Die Männer der Regierung sind dazu nicht geeignet, denn
wir wollen keinen Kapitalistenfrieden, sondern einen Arbeiter-
und Soldatenfrieden. Vollständiges Dokument (pdf, 160 kB) >> |
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Update: 26.11.2024