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Im Norden Kiels befindet sich eine große Kasernenanlage, in der damals die I. Torpedo Division, die I. Werft Division und die U-Boot-Division untergebracht waren.
Heutiger Stadtplan | Damaliger Stadtplan |
Größere Kartenansicht | |
Kasernengelände Wik ca. 1920 (Stadtarchiv Kiel) | |
Heutige Ansicht | Damalige Ansicht |
Heutige Ansicht des damaligen Exerzierplatzes von der Zeyestr. aus gesehen; Foto Kuhl 2009 | Aufnahme ausgestellt im Warleberger Hof, Kiel, Oktober 2007: 41 Teilansicht der um einen großen Exerzierplatz gruppierten Kasernenblocks der kaiserlichen Marine um 1905. |
Erläuterungen zu den Vorgängen:
Eine detaillierte Beschreibung der Vorgänge findet sich bei
Dirk Dähnhardt, "Revolution in Kiel", Neumünster
1978, auf den Seiten 70-72.
Karl Artelt beschreibt die Vorgänge in einem Beitrag zu dem Band "Vorwärts und nicht vergessen - Erlebnisberichte aktiver Teilnehmer der Novemberrevolution 1918/1919" :
"Am anderen Morgen [4.11.1918, Klaus Kuhl]
mußten alle Truppenteile in Kiel zum Appell antreten. ...
Nach den üblichen Meldungen bestieg der Divisionskommandeur,
Kapitän zur See Bartels, einen bereitgestellten Tisch und
hielt eine Ansprache .. Er schilderte die gestrigen Vorkommnisse,
sagte auch, dass die Luft mit Hochspannung geladen sei, dass aber
ein Soldat sich nicht mit Politik zu befassen habe, da er von
Politik nichts verstünde. Nachdem er den Tisch verlassen
hatte, ... Kurz entschlossen sprang ich hinauf, hielt ebenfalls
eine kurze Ansprache und forderte die Matrosen zur Wahl von Soldatenräten
auf. Offiziere, die mich vom Tisch herunterzuschiessen versuchten,
wurden von Matrosenfäusten rücksichtslos entwaffnet.
Anschliessend stürmten wir unsere Waffenkammern und wählten
in allen Kompanien Soldatenräte. Ich wurde zum Vorsitzenden
des Soldatenrates gewählt.
Nach kurzer Zeit erhielten wir die Meldung, dass ich sofort zum
Gouverneur kommen möchte. Wir machten ein Auto klar, holten
von einem Torpedoboot eine große rote Fahne, die größer
als das Auto war, und bereiteten die Abfahrt vor."
Im Sommer 2010 erhielten wir ein bisher unveröffentlichtes Manuskript, geschrieben von Alfred Schwabe (siehe unter Zeitzeugen). Er beschreibt die Vorgänge in der Wik, an denen er offenbar direkt beteiligt war:
"Am Morgen des 5. November [nach der Schilderung zu urteilen dürfte es sich eher um den 4.11. handeln, KK] erhielt unser Lehrgang, es waren gegen 40 Maate und 10 Obermatrosen, Pistolen und Munition ausgehändigt. Wir marschierten nach der Werftdivision Kiel - Wik. ... Wir marschierten diagonal über den Exerzierplatz. An der rechten Ecke am Hafen standen 150 - 200 Matrosen bei einer Versammlung. Wir wurden in die Turnhalle geführt. Ein junger Leutnant hatte das Kommando und hielt eine Ansprache. Heldentum und Treue zu den Offizieren, Kampf gegen die Meuterer war der Inhalt. ... Minuten war es kirchenstill. Plötzlich ein Gebrüll von weit her, aber es kam näher und näher. "Achtung, Achtung! Pistolen laden und sichern!“ Im Flüsterton bei den Obermatrosen: "wir schiessen nicht, wir schiessen nicht“. Gegenzug rechts! Marsch! Zur Turnhalle hinaus!“ Wir Obermatrosen waren am Schluss des Zuges und somit den anstürmenden teils bewaffneten Matrosen am nächsten. Es waren die, welche die Versammlung auf dem Exerzierplatz durchführten. Etwa 10 mtr vor der Menge liefen 2 Matrosen und riefen uns zu: "Kameraden werft die Waffen weg oder kommt mit den Waffen zu uns, schiesst nicht auf Eure Kameraden. Nieder mit dem Krieg! Nieder mit den Kriegsphantasten!“ Achtung! Achtung! Feuer, brüllte unser Leutnant. Eine Anzahl Schüsse fielen, aber ich habe nicht gesehen, dass einer getroffen war. Ich war nicht einen Moment unschlüssig; schon zogen wir die anderen zu uns herüber bezw. hinüber. „Los rüber, Schiet op den Krieg!“ Ein Teil der Maate schloss sich an. Es fielen wieder Schüsse von unserem linken Flügel der Maate oder dem Leutnant; denn 2 übergelaufene Maate waren getroffen und wurden fortgetragen. Der Leutnant war aber plötzlich spurlos von der Bildfläche verschwunden und hat nie wieder in Kiel unseren Bug gekreuzt. Wir, der verstärkte Haufen, rannten nun in die Kasernenblocks, riefen den Matrosen unsere Parolen zu und forderten sie auf, uns zu folgen. Viele schlössen sich an, ein Teil verhielt sich passiv. Offiziere waren eigentlich wenig da und die anwesenden wurden teils mit Güte, teils mit Gewalt, abgetakelt, d. h. die Epauletten und die Konkarden abgemacht. Und so ging es etwa 15 Häuserblocks durch, der Haufen wurde immer grösser und grösser. Leider waren aber auch schon die Räuber am Werk; denn aus den Kleiderkammern und Magazinen stürzten gefüllte Seesäcke aus den oberen Etagen und wurden fortgeschleppt und zu Geld gemacht. Aber das liess uns z.Z. kalt. Wir stürmten weiter. Nachdem alle Kasernenbauten abgekämmt waren, eilten wir an die Hafenmole. Zwei Torpedoboote wurden durch Schüsse und Zurufe aufgefordert die rote Flagge zu hissen. Es waren die ersten Schiffe, welche in Kiel die rote Flagge am Mast hochzogen. Leider sind mir die Nummern entfallen. Viele Boote folgten; Pinassen fuhren mit roter Heckflagge zu den dicken Kasten und forderten sie auf sich uns anzuschliessen. Starkbesetzte Boote brachten immer mehr revolutionäre Truppen an Land. Mein Wohnschiff, der älteste Kasten der Marine SMS "Mars“ (Bordwände aus Holz) hatte 1866 gegen die Dänen mitgekämpft, setzte sich lange zur Wehr. 2 rote Matrosen mit weisser Parlamentärflagge wurden zum Verhandeln an Bord geschickt und erreichten, dass doch eindrucksvoll die Kriegsflagge gestrichen wurde und die rote Flagge am Mast hochging. Ein grosser Seil der Matrosen zog durch die Strassen von Kiel und es erfolgte eine systematische Entwaffnung der Offiziere. Das Abtackeln war manchen Matrosen eine wahre Wollust, konnten sie sich doch für Drill und Erniedrigungen rächen."
Reale, begleitete Stadtrundgänge zu diesem Thema
werden angeboten von:
- Geo-Step-by-Step >>
- Ernst Mühlenbrink, über die Gesellschaft für
Kieler Stadtgeschichte >>
- AKENS, Asche Arbeitskreis >>
Last modified: 18.12.09
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